Den Klimawandel mit Mathematik besser verstehen
Kaum ein Thema brennt Jugendlichen aktuell so auf den Nägeln wie der Klimawandel. Die Bewegung „Fridays for Future“ umspannt den ganzen Globus: In Ost und West, Nord und Süd teilen Schülerinnen und Schüler die Sorge um die Zukunft der Erde und fordern wirksamere Klimaschutzmaßnahmen. Gleichzeitig ist das Thema so komplex, dass eine intensive Beschäftigung mit Ursachen, Entwicklungen und Standpunkten nötig ist, um der intensiven Klimadebatte zu folgen. In der Schule bieten sich dafür viele Anknüpfungspunkte – der Klimawandel eignet sich als Thema in den MINT-Fächern ebenso wie in Geografie oder geisteswissenschaftlichen Fächern. Mathematik spielt in fast allen Zusammenhängen eine zentrale Rolle. Ob Klimamodelle, Umweltverhalten oder Schadstoffemissionen: Berechnungen bilden die Grundlage für Wissen rund um die Erderwärmung.
Umweltstatistiken verstehen und nutzen
Wie hoch ist der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland? Wie viel CO₂ entsteht durch Urlaub und Reisen, und lässt sich eine Entwicklung beobachten? Welchen Flächenanteil nimmt die ökologische Landwirtschaft ein? Daten und Statistiken zu Fragen wie diesen bieten die Grundlage, um Strategien zu entwickeln und die zukünftige Entwicklung zu prognostizieren. Gut, dass viele offizielle Umweltstatistiken öffentlich abrufbar sind – so können Schülerinnen und Schüler im Unterricht mit echten, aktuellen Daten arbeiten.
Statistiken und Unterrichtsmaterialien für zahlreiche Fächer und mehrere Altersstufen hat der Unterrichtsservice des Bundesumweltministeriums auf www.umwelt-im-unterricht.de zusammengestellt, „Klima“ ist einer von mehreren Themenschwerpunkten des Angebots. Schülerinnen und Schüler lernen nicht nur den Umgang mit Statistiken und Diagrammen kennen, sie verstehen auch, woran sie aussagekräftige Daten erkennen. Und sie gewinnen ein Gefühl dafür, wie komplex es ist, Daten zu erheben, um konkrete Fragen zu beantworten – zum Beispiel, wie sich Fleischkonsum auf das Klima auswirkt.
EinklappenWie stark erwärmt sich das Klima?
Ein großer Teil der Klimadiskussionen widmet sich der Frage, wie sehr die Durchschnittstemperatur bereits gestiegen ist. Zahlreiche Daten zum Nach- und Weiterrechnen bietet kostenfrei das Climate Data Center des Deutschen Wetterdienstes zum Download an. Neben Temperaturverläufen für zahlreiche Orte weltweit sind hier auch historische Niederschlagsmengen, Schneehöhen, Sonnenstunden und viele andere Messwerte zu finden. Die Klimadaten reichen zum Teil zurück bis zum Beginn der Wetteraufzeichnung. Mit ihnen können die Schülerinnen und Schüler Wetterdaten aus verschiedenen Zeiträumen vergleichen und die globale Erwärmung der vergangenen Jahre selbst berechnen.
Auch die übrigen Angebote des Deutschen Wetterdienstes sind lesenswert, zum Beispiel bietet der Deutsche Klimaatlas viele interessante Beispiele zur interaktiven Visualisierung von Klimadaten, und die Zeitreihen zeigen Trends in der Klimaentwicklung auf. Einklappen
Klima-Faktencheck
Tausende Hektar Regenwald gerodet! Millionen Tonnen CO₂ produziert! Aussagen zum Klimawandel klingen häufig alarmierend, sind aber aufgrund ihrer globalen Dimension nicht direkt erfahrbar und deshalb schwer einzuschätzen. Hier setzt ein Unterrichtsvorschlag an, der den Umgang mit Größen und Vergleichen schult und zugleich zu einem kritischen Umgang mit Aussagen zum Klimawandel anregt.
Schülerinnen und Schüler recherchieren dafür quantitative Aussagen über den Klimawandel und versuchen, Hilfen zur Einordnung zu finden.
Das können zum Beispiel Vergleiche sein: Wie viele Autos müssen die Strecke von Hamburg nach München zurücklegen, um die CO₂-Emissionen eines Flugs auf derselben Strecke zu erreichen? Wie lässt sich das auf die Anzahl der Reisenden umrechnen? Oder Schülerinnen und Schüler übertragen die oft großen Zahlen auf besser nachvollziehbare Dimensionen: Was bedeutet es zum Beispiel, wenn im Jahr zwölf Millionen Hektar Regenwald abgeholzt werden? Lässt sich die Fläche im Vergleich zum Schwarzwald oder gar zum Wäldchen neben der Schule besser einschätzen? Wie viele Bäume gehen dieser Angabe zufolge am Tag verloren? Und wie viel CO₂ könnten die abgeholzten Bäume binden, gerechnet auf die Emissionen eines Langstreckenflugs?
Die Lernenden können Daten und Fakten zusammenstellen, um die Wirksamkeit klimaschonenden Verhaltens besser zu verstehen. So könnten sie etwa gegenüberstellen, wie viel der Verzicht auf Fleisch bringt im Vergleich zum Verzicht aufs Autofahren. Der CO₂-Rechner des Umweltbundesamtes liefert dafür die nötigen Angaben. Eher auf das Konsumverhalten Jugendlicher ausgerichtet ist außerdem der sehr detaillierte CO₂-Rechner von Klimaktiv.
Darüber hinaus könnten die Schülerinnen und Schüler populäre Vergleiche zu Klimaaussagen unter die Lupe nehmen. Wie knifflig das sein kann, zeigt sich an einer Aussage des Naturschutzbundes (NABU). Der teilte vor einigen Jahren mit: „Es ist kaum zu glauben, aber wahr: Die 15 größten Seeschiffe der Welt stoßen jährlich mehr schädliche Schwefeloxide aus als alle 760 Millionen Autos weltweit.“ Die ZEIT nahm diesen Vergleich zum Anlass für einen Faktencheck, der die Aussage zwar nicht völlig widerlegt, aber wichtige Hintergründe liefert, um zu verstehen, warum sich Schwefeloxide besonders gut für diesen Vergleich eignen.
Die Ergebnisse ihrer Berechnungen können die Schülerinnen und Schüler in der Klasse präsentieren. Mithilfe von Diagrammen aufbereitet ergibt sich so zugleich Material für eine interessante Klimaschutzausstellung an der Schule.
Klimaschutz an der Schule fördern
Keine Frage, auch Schulen produzieren CO₂. Wo lassen sich an der eigenen Schule die Emissionen verringern? Dieser Frage können Schülerinnen und Schüler zum Beispiel während einer Projektwoche nachgehen. Materialien zum Klimaschutz an der Schule bieten zum Beispiel die gemeinnützige Beratungsgesellschaft co2online oder die Bertelsmann-Stiftung an. Mit den Materialien können Schülerinnen und Schüler die CO₂-Emissionen ihrer Schule ermitteln und Einsparpotenzial erkennen. Die Materialien nehmen sich systematisch verschiedene Bereiche vor: Heizung zum Beispiel, Ernährung, Abfall oder Mobilität. Schülerinnen und Schüler recherchieren dafür die aktuelle Praxis an ihrer Schule und entwickeln Alternativvorschläge.
Gewässerqualität messen für den Umweltschutz
Das Ökosystem auf unserem Planeten ist komplex: Flora, Fauna und die Biogeochemie der Erde sind eng miteinander verwoben. Die Gewässer spielen in diesem Gleichgewicht eine wichtige Rolle. Steigen etwa die Temperaturen, dann sinkt der Sauerstoffgehalt, und das wirkt sich wiederum auf die Lebensbedingungen im Gewässer aus. Wie es um die Qualität der ihre Schule umgebenden Gewässer steht und wie sich die Sauerstoffsättigung über das Jahr ändert, können Schülerinnen und Schüler selbst messen. Dazu nehmen sie über das Jahr verteilt mehrere Messungen vor. Eine Vorlage, um die Daten zu notieren, findet sich zum Beispiel hier. Besonders einfach lassen sich die Messungen mit einem mobilen Datenerfassungsgerät wie dem C-Lab durchführen.
Wer dem Thema Wasser in den MINT-Fächern mehr Raum geben möchte, kann sich auch durch die umfangreiche Handreichung Lernort Gewässer inspirieren lassen (Auswertung des Sauerstoffgehalts von Gewässern auf S. 152).
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