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Spielerisch Mathematik erkunden

Kooperativ oder als Wettstreit, auf einem Brett, am Strand oder online, allein oder im Team: Spiele gibt es in völlig unterschiedlichen Formen. Zwei Eigenschaften finden sich aber in vielen Spielen wieder: In ihnen steckt interessante Mathematik – und sie sind unterhaltsam. Eine perfekte Kombination für den Mathematikunterricht!

Der Reiz vieler mathematisch durchdachten Spiele entsteht durch eine gelungene Mischung aus Zufall und Strategie: Wie viele Augen zum Beispiel die Würfel zeigen oder welche Karte aufgedeckt wird, ist reine Glückssache. Wie man mit den zufällig erwürfelten Augen oder der Karte umgeht, hängt ab vom strategischen Geschick – und das wiederum vom rechnerischen Durchblick. Auf diesem Prinzip basieren zum Beispiel das Kartenspiel 17 und 4 oder das Würfelspiel Backgammon.

Würfeln, ankreuzen, gewinnen

Ein weiteres gutes Beispiel ist das Würfelspiel Qwixx. Da es obendrein schnell erklärt ist, eignet es sich hervorragend für den Stochastikunterricht. So sieht es auch das Mathematik-Lehr-Netzwerk (MaLeNe), das eine komplette Unterrichtseinheit zu Qwixx entwickelt hat.



Die Qwixx-Regeln:

Bei Qwixx geht es darum, aus vier Zahlenreihen nach bestimmten Regeln möglichst viele Ziffern abzustreichen. Dazu ist es nötig, die Augen der sechs Würfel strategisch so gut wie möglich zu nutzen. Das Spiel ist für zwei bis fünf Personen entwickelt, lässt sich aber in etwas vereinfachter Form auch allein spielen.

Die Regeln im Überblick:

Neben zwei weißen Würfeln gibt es je einen roten, gelben, grünen und blauen. Außerdem haben alle Spielenden einen Zettel, auf dem sie Zahlen abstreichen können.Darauf ist in rot und gelb je eine Zahlenreihe von 2 bis 12 abgebildet, in grün und blau sind die Zahlen absteigend von 12 bis 2 angeordnet. Hier werden jeweils die Augensummen von zwei Würfeln abgestrichen, aber nur von links nach rechts. Ist also zum Beispiel die rote Drei bereits abgestrichen, dann kann danach jede höhere rote Zahl abgestrichen werden, aber nicht mehr die rote Zwei.

Gewürfelt wird mit allen sechs Würfeln: den beiden weißen sowie allen vier farbigen. Zunächst wird das Ergebnis der beiden weißen Würfel betrachtet und alle Spielenden können – müssen aber nicht – die Summe der Augen in einer beliebigen Farbreihe abstreichen, sofern nicht schon Zahlen weiter rechts in der Reihe abgestrichen sind. Anschließend kann die Person, die gewürfelt hat, die Augen eines der beiden weißen Würfel mit denen eines der Farbwürfel addieren und ggf. in der dazugehörigen Farbreihe eine Zahl abstreichen. Das Ziel: möglichst viele Zahlen abzustreichen.
Wer als erstes eine Zahl ganz rechts abstreicht, schließt damit diese Farbreihe für alle Spielenden und der dazugehörige Würfel wird aus dem Spiel entfernt. Sind zwei Farbwürfel entfernt, endet das Spiel. Ebenso, wenn jemand vier Fehlwürfe markiert, bei denen keine Zahl abgestrichen wurde. Am Ende erhalten die Spielenden Punkte für die durchgestrichenen Zahlen und Punktabzüge für jeden Fehlwurf – wer die meisten Punkte erreicht, gewinnt.

Die Punktvergabe trägt ebenfalls zum mathematischen Reiz des Spiels bei, weil sie nicht linear steigt, sondern in Form von Dreieckszahlen: Für ein Kreuz gibt es einen Punkt, für zwei Kreuze 1 + 2 = 3 Punkte, für drei Kreuze noch einmal drei Punkte mehr, für vier Kreuze zusätzliche vier Punkte usw. Die Gewinnaussichten sind also besonders hoch, wenn es gelingt, viele Kreuze in einer Reihe zu setzen.

Bildquelle: © Nürnberger-Spielkarten-Verlag GmbH | www.nsv.de
Unterrichtsidee

Mathematisch zur besten Strategie finden

Es gehört schon großes Würfelglück dazu, bei einer Partie Qwixx alle Zahlen in einer Reihe abzustreichen. Wahrscheinlicher ist, dass die Spielenden einzelne Zahlen nicht abstreichen können, zum Beispiel nach der 3 direkt die 6 oder 7 wählen müssen, um keinen Punktabzug für einen Fehlwurf zu kassieren. Dadurch wird der Weg zum Sieg vor allem Strategiesache. Aber welche Strategie ist die Richtige? Zwei Farbreihen vernachlässigen, um die anderen beiden möglichst ohne Lücken abzustreichen? Möglichst schnell eine Farbreihe abschließen oder besser alle gleichmäßig? Lieber mehr Fehlwürfe in Kauf nehmen, um lückenloser abstreichen zu können? Solche und andere Strategien gilt es in der Unterrichtseinheit zu überprüfen. In vier Schritten gelangen die Lernenden zum Ziel:

1. Zunächst spielen sie selbst und entwickeln dabei mögliche Ideen für Strategien.
2. Anschließend lernen sie, das Spiel mathematisch zu modellieren und
3. die Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Augensummen zu berechnen.
4. Mit diesem Wissen bewerten sie am Schluss, welche Strategien sinnvoll sind und welche nicht.


Rekursive und explizite Folgen verstehen -
mit den Türmen von Hanoi

Die Zutaten für das Solo-Spiel „Türme von Hanoi“ gibt es in vielen Kinderzimmern, es existieren aber auch zahlreiche Online-Versionen des Knobelklassikers. Das Spiel besteht aus drei senkrechten Stangen, auf der linken stapeln sichverschieden große Scheiben, sortiert nach Größe. Die größte Scheibe liegt ganz unten, die kleinste zuoberst. Ziel des Spiels ist es, den Stapel von der linken auf die rechte Stange zu bringen, indem man jeweils eine Scheibe vor einer Stange auf eine andere steckt – allerdings darf nie eine größere auf einer kleineren Scheibe liegen.



Unterrichtsidee

Spielvariante für den Unterricht

Mit Münzen und Papierstreifen lässt sich „Türme von Hanoi“ leicht im Klassenzimmer nachstellen – so finden die Schüler*innen spielerisch zur Lösungsstrategie und der Entwicklung von rekursiven bzw. expliziten Folgen. Unterstützung für die Berechnungen liefert zum Beispiel die Tabellenkalkulation des Schulrechners – wie in dieser Aufgabe zu den Türmen von Hanoi am Beispiel des fx-87DE X gezeigt.



64 Scheiben verlegen – wie lange kann das schon dauern?

Wie viele Züge nötig sind, um bei Türme von Hanoi einen Scheibenstapel von einer Stange auf die andere zu verlegen, hängt natürlich von der Anzahl der Scheiben ab. Sind es nur zwei, dann ist das Spiel nach drei Zügen beendet. Bei drei Scheiben sind bereits mindestens sieben Züge notwendig. Wie viele Züge wären aber notwendig, um 64 Scheiben zu verlegen?

Die Frage geht, genauso wie das Spiel selbst, auf den Mathematiker Édouard Lucas (1842-1891) zurück. Dazu erfand er eine Legende: In Benares gebe es einen Tempel, der den Mittelpunkt der Welt markiere. Indische Mönche hätten hier von Brahma die Aufgabe erhalten, einen Turm aus 64 goldenen Scheiben nach den Regeln des Spiels zu versetzen. Wenn sie das erledigt hätten, würde die Welt zu Staub zerfallen.

Um die Lösung vorwegzunehmen: Selbst wenn die Legende wahr wäre und die Mönche seit der Erschaffung des Universums unermüdlich eine Scheibe pro Sekunde umlegen würden – sie wären noch nicht sehr weit gekommen. Um 64 Scheiben umzulegen, sind 264-1 Arbeitsschritte nötig. Bei einer Sekunde pro Arbeitsgang würde das in etwa 584,9 Milliarden Jahre dauern. Unser Universum existiert seit gerade einmal 14 Milliarden.


Rätselhafte Wahrscheinlichkeit:
das Ziegenproblem

Besonders interessant sind Wahrscheinlichkeitsaufgaben, deren Lösung sich deutlich von dem unterscheidet, was intuitiv plausibel erscheint. Dazu gehört zum Beispiel das Geburtstagsparadoxon, demzufolge die Wahrscheinlichkeit größer als 50 Prozent ist, dass in einer Gruppe von 23 Personen zwei am selben Tag Geburtstag haben. Oder auch das Ziegenproblem, bei dem die bedingte Wahrscheinlichkeit der Intuition in die Quere kommt. In dieser Unterrichtsidee für zweimal 45 Minuten können die Schüler*innen dem Ziegenproblem mithilfe einer Simulation am Grafikrechner auf die Spur kommen.

Unterrichtsidee

Rechnen bringt den Hauptgewinn

Den Rahmen des Ziegenproblems bietet eine Spielshow, in der die Kandidat*innen mit etwas Glück ein Auto gewinnen können – wenn sie es schaffen, die richtige Tür zu öffnen. Zur Wahl stehen drei Türen. Hinter einer wartet der begehrte Hauptpreis, hinter den anderen beiden stehen Ziegen.

Für das Öffnen der Türen gelten folgende Spielregeln:

  1. Die Kandidat*innen wählen eine der drei Türen.
  2. Daraufhin öffnet der Showmaster eine der beiden anderen Türen, hinter der eine Ziege steht.
  3. Nun können sich die Kandidat*innen entscheiden, ob sie eine andere Tür wählen wollen oder bei der ursprünglich gewählten bleiben.
  4. Dann wird die gewählte Tür geöffnet und gibt entweder den Blick frei auf eine Ziege oder ein Auto.

Mathematisch interessant ist dabei Schritt 3: Erhöht sich die Gewinnchance, wenn man eine neue Tür wählt, oder spielt es keine Rolle, ob man sich hier umentscheidet?

Intuitiv glauben die meisten Menschen, dass es keine Rolle spielt, ob sie bei der ursprünglichen Wahl bleiben oder nicht, und gehen von einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 1/3 aus. Tatsächlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit aber auf 2/3, wenn man sich in dieser Phase noch einmal umentscheidet.

Indem die Schüler*innen das Spiel zunächst selbst mehrfach nachspielen und schließlich mit dem Rechnersimulieren, wird ihnen schnell klar, dass „Umentscheiden“ häufiger zum Gewinn führt.


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